Kannawurf
Status
Leitbild fertiggestellt, Pilotprojekt in Umsetzung
Zeitraum
2019-2022
Auftraggeber
IBA Thüringen GmbH
Projektleitung IBA Thüringen
Kerstin Faber
Team G4C
Bernhard König, Lisa Maria Enzenhofer, Katharina Sauermann, Michela Thaler,
Sofia Inghilleri
Projektpartner
Birgit Birnstingl,
SEKEM Energy GmbH
Beratung
Claudia Siebeck, quartier vier
Website
www.klimakulturlandschaft.de
1.500 Hektar Zukunft
Temperaturen steigen, Extremwetterereignisse nehmen zu, Niederschläge verlagern sich in die Winterzeit und die Vegetationsperiode verschiebt sich. Aber nicht nur der Klimawandel stellt die bisherige Praxis der Landwirtschaft vor grundlegende Herausforderungen, sondern auch die gesellschaftlichen Veränderungen und die steigende Abhängigkeit von globalen Entwicklungen. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss daher künftig mehrdimensional gedacht werden, um sich den Veränderungen anzupassen, aber auch um Klimaschäden zu minimieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Konsequenz dieses mehrdimensionalen Transformationsprozesses ist die Neubewertung unserer Landwirtschaft, ihrer Funktion, Nutzung, Produkte und Akteur:innen. Gefragt sind nicht nur die Landwirt:innen allein, sondern wir als Gesellschaft.
Am Beispiel von Kannawurf, einer Gemeinde im Thüringer Becken, wurde dazu ein landwirtschaftliches Zukunftskonzept entworfen, das ökologische, ökonomische und soziokulturelle Strategien gleichermaßen betrachtet. Entstanden ist ein Zukunftsbild für eine klimagerechte Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts, dass mit neuen Klimalandschaftstypologien, einem überbetrieblichen Fruchtfolgenmanagement und mit künstlerischen Interventionen die Land(wirt)schaft anders in den Blick nimmt.
Gefördert wurde das Vorhaben vom 2019-2021 durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete (ELER) und den Freistaat Thüringen. Seit 2021 wird mit einer Anschlussförderung das Innovationsteilprojekt “Keyline-Design” als neues nachhaltiges Regenwassermanagement erprobt.
Was muss Landschaft können?
WIND/ KLIMA
1. Reduktion der Winderrosion
2. Natürliche Belüftung durch Windkorridore
3. Reduktion von Hitzeinseln
4. Reduktion der Oberflächentemperaturen
WASSER
5. Erhöhung der vegetativen Verdunstung
6. Erhöhte Retention von Niederschlägen
7. Verringerter Abfluss von Hochwässern
8. Reduktion der Oberflächenerrosion
ÖKOLOGIE
9. vegetative/ ökologische Vielfalt
10. ökologische Rückzugsräume und Korridore
11. extensive Viehhaltung (Weidewirtschaft)
12. bodenschonende Bewirtschaftung
WIRTSCHAFT/ BEWIRTSCHAFTUNG
13. lokale Spezialitäten-Kulturen
14. Teilweise Diversifizierung des Anbaus
15. lokale oder regionale Verarbeitung
16. Neue Erwerbsmöglichkeiten
WAHRNEHMUNG
17. Identitätsstiftung
18. Erfahrbare landschaftliche Prozesse
19. Zugänglichkeit und Erschließung
20. Teilhabe und Vermittlung
Landschaftstypen und Fruchtfolgen
In Zusammenarbeit mit Birgit Birnstingl von Sekem Energy GmbH entstand ein lokalklimatisches Leitbild für eine klimagerechte Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts. Ausgehend von 20 Anforderungen and Landschaft der Zukunft, wurden die Landschaftstypen Aue, Kuppe und Hang entwickelt, die aufgrund ihrer unterschiedlichen lokalklimatischen Effekte identifiziert wurden. Für jede Typologie sind unterschiedliche Fruchtfolgen zur Minimierung der Wind- und Wassererosion, von Hitzeinseln und Oberflächentemperaturen und spezielle Anpassungsstrategien an den Klimawandel entwickelt worden.
Erschließen und erfahrbar machen
Nur wer die Landschaft kennt, kann ein kritisches Bewusstsein für deren Nutzung und Bewirtschaftung entwickeln und sie wieder schätzen lernen. Dies kann über die bewusste Gestaltung von Land(wirt)schaft selbst, aber auch über ihre Erlebbarkeit erfolgen. Ein zusammenhängendes Wegenetz als „Grünen Band“ mit neuen und wiederbelebten Verbindungen zwischen den Dörfern, die sich an den Bedürfnissen von Fußgänger:innen und Fahrradfahrer:innen orientieren, bietet eine erste Zugänglichkeit. Der Verlauf ist so konzipiert, dass darin vor allem erosionsgefährdete und ökologisch wertvolle Flächen wie vernässte Bereiche gesichert werden und das Band so auch dem Boden- und Gewässerschutz dient.
Ökonomisch-kulturelles Leitbild
Das Leitbild zeigt außerdem anhand eines überbetrieblichen Fruchtfolgenmanagements, wie eine kooperative Agrarproduktion zwischen Landwirt:innen und Verarbeiter:innen aussehen könnte: Wenn der Wechsel der Getreide- und Gemüsekulturen im Beet nicht nur betriebsintern, sondern überbetrieblich und regional ausgerichtet wird, können trotz kleinerer Ackerflächen pro Kultur größere Abnahmemengen gewährleistet werden. Das reduziert für die Landwirt:innen das Investitionsrisiko, da sie erstmal mit kleinen Flächen anfangen können, und gibt den Abnehmer:innen mehr Sicherheit durch stabile Lieferungen. Aus der Summe der kleinen Teile wird ein großes, nachhaltiges Ganzes.
Projektbeteiligte
Koop Kannawurf I + II:
IBA Thüringen mit Künstlerhaus Thüringen e.V., Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft mbH, Thüringer Bauernverband, Agrar-GmbH Oldisleben, Green4Cities GmbH, Ökotrend, Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlicher Raum (TLLLR)
Konzept Leitbild:
Green4Cities GmbH, Wien/ Graz mit Sekem Energy GmbH, Hitzendorf
Keyline-Design:
Deutsche Agroforst GmbH, Brück
Projektberatung:
quartier vier, Leipzig
Hydrologische Studie und Simulationen:
Tractebel Hydroprojekt GmbH, Weimar
Beratung Klima und Klimaentwicklung:
INKEK GmbH, Lohfelden/Kassel