Europaplatz St.Pölten
Status
umgesetzt
Zeitraum
2022–2024
Auftraggeber
Magistrat Stadt St.Pölten
Kunst im Öffentlichen Raum Niederösterreich
Kunstwerk
Breathe Earth Collective
Bernhard König, Markus Jeschaunig, Lisa Maria Enzenhofer mit Andreas Goritschnig und Karlheinz Boiger
Mitarbeit: Ritger Traag
Landschaftsarchitektur
DnD Landschaftsarchitektur
Green4Cities GmbH
Team G4C für Breathe Earth Collective
Bernhard König, Lisa Maria Enzenhofer, Marinela Genova, Ritger Traag
Tragwerksplanung und ÖBA
David Reiterer – ARSTEC
mit Green4Cities GmbH
Visualisierung
Ana Ocic – pixlab studios
Eine Formation aus Luft, Erde und Wasser.
Luft und Wasser sind die wichtigsten Quellen unseres Lebens, und verbinden alle Lebewesen miteinander. Der fortschreitende Klimawandel wird in unseren versiegelten Städten durch Hitze und Trockenheit, extreme Niederschläge und dem Verlust der Artenvielfalt immer mehr sichtbar. Am Europaplatz spielen die Lärm- und Luftverschmutzung eine zentrale Rolle, wodurch dieser bisher hauptsächlich als Transitraum wahrnehmbar und nutzbar ist. Durch die Neugestaltung des Platzes und der Verkehrssituation sollen die vorhandenen mikroklimatischen Bedingungen für Menschen und nicht-menschliche Akteure aktiviert werden.
AUSGANGSLAGE
Am Europaplatz herrscht eine nahezu konstante Windrichtung aus SW, die für die Erlebbarkeit der Wasserinstallation eine wesentliche Rolle spielen wird. Der Windfänger lädt Passantinnen ein, einen der wichtigsten Prozesse in unsere Biosphäre mit allen Sinnen zu erleben: wenn Wasser zu Luft und Luft zu Wasser wird. Die Idee des Windfängers beruht auf vernakulären Strukturen, wie den Ziegelgittern, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts zur Belüftung und Kühlung von Wirtschaftsgebäuden dienten und nutzt das Prinzip der Verdunstungskühlung, Evapotranspiration. Die Installation greift auf diese Techniken und Muster zurück, und entwickelt sie weiter zu einer performativen Matrix, die durch gezieltes Besetzen, Vor- und Zurückweichen von Ziegeln ein lebendiges Wind- und Wasserspiel erzeugt. Durch das lebendige Zusammenspiel aus unzähligen Wassertropfen und der natürlichen Winde aus dem Süd-Westen wird die Installation zum umfassenden sinnlichen und erfrischenden Erlebnis.
DER BRUNNEN REAGIERT ALS AKTIVER UND REINIGENDER FILTER. Die 5m hohe Wand weist einen Öffnungsanteil von ca. 35% bei einer Tiefe von ca. 50 cm auf. Dadurch kann der Windfänger verschatten und Lärm reduzieren und gleichzeitig den frontalen Wind aus SW direkt hindurchströmen lassen. Der obere Kranz des Windfängers wird von Tropfrohren in unterschiedlichen Bewässerungskreisen durchzogen. Von dort tropft das Wasser kaskadisch die Gitterstruktur hinab, prallt teilweise an den hervorstehenden Mönch- und Nonnenziegeln ab und rinnt durch die Struktur auf die jeweils gegenüberliegende Seite. Auf diese Weise werden je nach Witterung und Saison bis zu 35% des Wassers stündlich verdunstet. Diese Feuchtigkeit kühlt die Umgebung spürbar und die kleinen Tropfen spürt man auf der Haut, im Gesicht und hört sie – bewusst oder unbewusst. Gleichzeitig wird die durchströmende Luft dabei gekühlt. Durch die Evapotranspiration wird der Umgebung Wärme entzogen und es entsteht ein Kaltluftsee. Die kreisförmige Brunnenarchitektur spendet Wasser in drei Hauptbereichen, während dazwischen auf den Bögen trockene Nistplätze Insekten, Vögel und Bienen zum Einzug einladen. Der Brunnen ist eine Hommage an die biologische Vielfalt und wird zum Lebensraum für Menschen und nicht-menschliche Akteure. Insbesondere hinsichtlich des rasanten Biodiversitätsverlust soll der Brunnen eine wichtigen ‚steping stone‘ und Nahrungsmittel für Insekten und kleine Tiere in der Stadt bieten.
Die Pump- und Wassertechnik sorgt für eine Kreislaufnutzung des Wassers. Die Programmierung und Steuerung ermöglicht es auf unterschiedliche Tageszeiten, Wetter- und Sonnenstände zu reagieren, um das Wasser möglichst effektiv einzusetzen. Die Wand kann variierend von außen und innen unterschiedlich nach Bedarf betrieben werden.
VERNAKULÄRE TECHNIKEN
Die Ziegelstruktur ist inspiriert von den traditionellen „Ziegelgittern“, der arabischen Mashrabyya und ägyptischen vernakulären Kühltechniken. Die Anordnung von schräg gestellten Ziegeln und die Verwendung von „Mönchen“ und „Nonnen“ ermöglichen einen natürlichen Luftstrom und Durchzug und sorgen gleichzeitig für ein spielerisches Muster, das langsame und schnelle, tropfende und wallende Wasserläufe und Wasserfälle erzeugt.